Freitag, 2. Dezember 2011

01.12.2011; 5 Uhr morgens
Blog-Artikel schreibt man immer dann, wenn man emotional durch irgendetwas aufgewühlt wurde. Hierbei kann das verursachende Gefühl letztendlich von jedem einzelnen Spektrum des menschlichen Empfindens stammen: Überraschung, Trauer, Euphorie.

Bei mir ist es gerade…eine Mischung aus tiefster Resignation und einer nicht begründbaren guten Laune.
Vamos a ver… Mittwoch. Mittwoch ist hier mehr oder weniger DER Erasmus-Tag. Dies hat weniger etwas damit zu tun, dass man am selbigen Tag spektakulärer weggehen kann. Der einzige Grund ist, dass die (einzig) offizielle Erasmus-Organisation kreativsprudelnde Feste wie „Fiesta Alemana“ oder „Fiesta Francesa“ feiert.
Heute war ein anderes Land dran. Das Land der Biertrinker, das bekanntermaßen als eines der wichtigsten Grenzländer mit Deutschland in Kontakt steht. „Champion’s Beer in Caramelo“…so oder so ähnlich nannten die Organisatoren die einzigartige Veranstaltung. Inhalt: Wetttrinken. Wie aufregend.

Nun, ohne Intention am Wettkampf der Giganten teilzunehmen, wurde ich von einem herzlichen Menschen aus Zentralafrika eingeladen, in seinem Team mitzumischen. Mit dabei waren ein Mexikaner, ein Brasilianer und er selbst. Wie kann man da noch das Herz besitzen, nein zu sagen. Als dieser bunte Haufen traten wir also gegen die anderen 15 Teams im KO-System an. Trotz der wirren Zusammensetzung waren wir erstaunlich gut.
Hier kommt nun das erste (kleinere) Ärgernis des Abends: uns wurden Wiederholungen abverlangt. Gewonnene Runden mussten aus kaum logisch(!) ersichtlichen Gründen wiederholt werden. Wer schon einmal innerhalb von wenigen Minuten nicht nur einen halben, sondern einen ganzen Liter Bier verarbeiten durfte, wird wissen, dass das ein ziemliches Gesellenstück ist.
Nachdem dies ein zweites Mal vorkam, hat sich meine Mannschaft heroisch dazu entschlossen, zum Startschuss des (wiederholten) Halbfinales die Bühne unter Verbeugungen und dem vollen Bier in der rechten Hand zu verlassen. Welch Anmut!

Kaum stolz von dieser Heldentat zurückkehrend erwartete mich eine Freundin mit der Frage „sage mal, wo sind deine Sachen nochmal“? Wie üblich in spanischen Clubs war ich – entgegen der tatsächlichen Gegebenheiten – der Meinung, dass es keine Umkleidegarderobe gab. Dementsprechend hatte ich meine Kleidung ursprünglich auf eine Bank verfrachtet. Nun, nicht meine gesamte Kleidung, aber doch zumindest Jacke und Pullover. Meine Antwort war: „Hm, sind dort drüben.“ Tatsache: weit gefehlt. Nüscht war da. Meine Informantin teilte mir mit, dass sie „irgendso einen Typen“ aus dem Club hatte gehen sehen mit einem roten Pullover am Körper. Natürlich war sie sich in dem Moment nicht sicher und hat ihn nicht darauf angesprochen (verständlich!). So konnte der Dieb entspannt und wohlig warm nach Hause laufen, während ich bibbernd im Hemd auf dem Fahrrad nach Hause fuhr.
Glücklicherweise erinnerte ich mich an die Kampfsport-Lektionen meines Mitbewohners und spannte wie ein Bodybuilder (nur unendlich viel lächerlicher als ein solcher) meine Muskeln an. Und tatsächlich: es half. Nach ein paar Minuten auf dem Fahrrad wurden alle (für das Fahrradfahren) relevanten Körperteile durchblutet und mir war nicht mehr kalt.

Was so schlimm daran ist, wenn mir Jacke und Pullover abhandenkommen? Punkt 1: Ich bin ein Junge. Ich habe zwei Laptops. Zwei externe Festplatten. Zwei Handys. Demgegenüber stehen (bzw. standen): eine Jacke und zwei Pullover, von denen ich nur einen wirklich mochte. Zumindest der Jacken-Counter erreichte mit selbigem Tage die Null. Großartig. Punkt 2: ich hasse es einkaufen zu gehen. Punkt 3: Wenn man so wenige Kleidungsstücke besitzt, dann entwickelt man ihnen gegenüber eine Beziehung.

Mal sehen ob ich die Trauer überlebe.
Glücklicherweise hat mir eine Freundin heute dabei geholfen, die dahingeschiedenen durch neue Exemplare zu ersetzen.

Genug palavert.

Schönen Tag,
Marcus

PS: nächstes Update nachdem ich nach 9-tägiger Reihe aus Marokko zurückgekehrt sein werde.

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