Samstag, 29. Oktober 2011

Verschiedenes


Leute, fangt an einen Blog zu schreiben! Ihr bereichert euch damit um ein weiteres Zitat, das zu jeder Gelegenheit fallen darf: „That’s totally going into my blog“. Leider verbleibt es häufig bei dieser Androhung. Die Umsetzung erfolgt ja meist doch eher…verzögert.

Wie üblich jeglicher Chronologie entbehrend muss ich mal einen Satz über die spanischen Autofahrer loswerden. Ihr spinnt! Die ersten ein, zwei Male dachte ich noch, dass da offensichtlich jemand eine Nacht mit wenig Schlaf verbracht haben musste. Mittlerweile weiß ich: es gibt eine erschreckende Anzahl spanischer Autokünstler, die ihr Vehikel verunstalten. Nicht etwa durch zu schnelles Fahren. Nein – sie fahren beim Einparken einfach so lange rückwärts, bis ein energisches Knirschen signalisiert, dass sie die Hauswand erreicht haben. Oder sie „grinden“ in alter Tony Hawk-Manier entlang eines Bordsteins (ohne ersichtlichen Grund). Mittlerweile habe ich ein Dutzend solcher Beispiele gesehen. Umso schmerzhafter werden die Erlebnisse durch die Tatsache, dass hier in Spanien gefühlt die Hälfte aller Autos aus dem wohlhabenderen Land etwas weiter nordöstlich von Spanien kommt. Mercedes, VW, Audi – die deutschen Erzeugnisse sind hier anscheinend beliebter als in Deutschland selbst. Vielleicht liegt das auch daran, dass der einzig große spanische Autobauer (SEAT) seit mehr als 20 Jahren zu VW gehört...

Die Halbwertszeit eines Fahrradfahrers ist in Spanien definitiv etwas beschränkter als das beispielsweise in Deutschland der Fall ist. Letztendlich erinnert mich der Fahrstil hier ein bisschen an den der Japaner: die ansonsten allen Regeln folgenden Japaner fahren bei Rot über die Straße, radeln fröhlich entgegen der Einbahnstraßenrichtung im Rush-Hour-Verkehr und nutzen überfüllte Bürgersteige als Fahrradwege. Der einzige Unterschied ist, dass ein Japaner NIEMALS seine Klingel benutzen würde um voran zu kommen. Da kann man zum Teil dann amüsante Szenen beobachten wie ein japanischer Geschäftsmann im Anzug geschlagene 60 Sekunden hinter zwei alten Frauen voranzuckelt, weil diese seine Präsenz nicht erahnen (können).
Durch das Ignorieren der Ampeln kommt man im weitläufigen Sevilla sehr schnell voran. Wie ironisch ist es da, dass ich einen Unfall hatte, als ich regelgerecht bei Grün über die Straße bin (siehe weiter unten)… Ob das ein schicksalshaftes Zeichen zu mehr Ungehorsam gegenüber den Straßenverkehrsregeln ist? Nein, ich denke nicht!



Hätte ich doch bloß meine Klappe gehalten! Kein Regen, zu warm? Nun, meine Wünsche wurden erhört. Vor fünf Tagen hat es erstmalig geregnet. Ich war glücklich wie ein Regenwurm. Es war kein kleiner Nieselschauer, sondern ein richtig ordentlicher Dauerregen mit zufriedenstellendem Durchsatz.
Seitdem hat es wieder und wieder geregnet und möchte auch nicht so recht aufhören. Die Temperaturen sind von tagsüber 30 Grad im Schatten auf unter 20 Grad zurückgegangen. Unter 20°C! Man sollte bedenken, dass es die vorigen Wochen nicht einmal nachts unter diese arktisch anmutende Kältegrenze gefallen ist. Nun muss ich meinen Pullover doch noch aus der dunkelsten Ecke meines Schrankes hervorholen und ihn seiner Bedeutung zukommen lassen. 

Bevor ich jetzt allzu viel Fanmail bekomme: ja, ich bin mir bewusst, dass die Temperaturen in Deutschland andere sind. Aber meckern (oder sollte ich sagen: wettern) wird man ja wohl noch dürfen, oder? Immerhin schließe ich mich damit nur der großen Mehrheit der modernen westlichen Bevölkerung an, deren Lebensinhalt immer weniger daraus zu bestehen scheint, glücklich zu sein.



Kommen wir zu einer interessanten Beobachtung von Land und Leuten: der Sozialstruktur. Insgesamt ist Spanien relativ bunt durchmischt. Sonderlich starke ethnische Zentren (Chinatown etc.) habe ich bisher noch in keinem Gebiet ausmachen können, jedenfalls solange man die jugendlichen botellón-Trinker nicht in den Status einer solchen Aggregation erhebt. Diese häufen sich nämlich in der Tat in der Regel an ganz bestimmten Orten an. Dazu gehören der Fluss, der Guadalquivir, und vielfach relativ zentrale Plätze wie der Plaza del Salvador oder die Alameda. Mit mehreren hundert (friedlichen) trinkenden Zeitgenossen kann man zumindest im Zeitraum von Donnerstag bis Samstag rechnen.
Allerdings muss ich immer wieder bestürzt feststellen, dass sehr viele Schwarzafrikaner offensichtlich nicht wirklich in der regulären Arbeitsgesellschaft integriert sind. Man sieht (verglichen mit England etwa) nur sehr vereinzelt dunkelhäutige Menschen. Jedoch sind sie dann in der Mehrheit der Fälle damit beschäftigt, Taschentücher an die Autoinsassen in den Autoschlangen vor roten Ampeln zu verkaufen. Eine weitere Hauptbeschäftigung liegt im Verkaufen von Uhren, Schmuck und sonstigem Krempel. Nach einigen Unterhaltungen habe ich festgestellt, dass Spanischkenntnisse meist nicht vorhanden sind. Ich empfinde es als sehr schade, dass in diesem Fall die Integration vollkommen versagt. Selbstverständlich muss man aber auch bedenken, dass Südspanien für viele Arbeitsuchende aus Afrika die erste Station ist. Nichtsdestotrotz müsste es da doch eine andere Lösung geben.

Eine weitere offensichtliche Auffälligkeit ist die Vielzahl an Obdachlosen. In der Nähe des Flusses stehen viele Zelte oder durch Pappe konstruierte Hilfsbauten, an sehr zentralen Orten errichten sie sich ein kleines Refugium – überall halten sich Obdachlose auf. Die meisten von denen scheinen nicht die Intention zu haben um Geld zu bitten. Viele begnügen sich mit dem Verzehren ihrer Weinflasche oder sonstigen Alkoholitäten…

Eigentlich wollte ich jetzt noch etwas zu meiner Marokko-Tour schreiben. Aber die Schreiblust hat mich schon wieder verlassen. Bis bald!

1 Kommentar:

  1. Viele Leute aus Afrika sind ohne Papiere in Spanien und haben entsprechend keine Chance sowas wie einen Integrationskurs zu machen oder einen vernünftigen Job zu kriegen. Hab auch mal gehört das im Süden auf dem Land diese Leute sehr krass ausgebeutet werden.
    In England stammen die meisten Schwarzen glaub ich eher aus den Kolonien und sind gemeldet, außerdem haben sie Englisch dann ja sogar als Muttersprache. Das macht das dann einfacher, obwohl, vor ein paar Monaten bei den Unruhen waren ja auch sehr viele schwarze Jugendliche dabei.

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