Mittwoch, 9. November 2011

04.11.2011 bis 07.11.2011

"Das macht einen Mords-Gaudi." Diese Aussage erhält in Barcelona eine vollkommen neue Bedeutung. Gaudí wird vom gesamten touristisch vereinnahmten Sehenswürdigkeiten-Sektor Barcelonas als Messias gefeiert und gilt - wie in Barcelona immer wieder zitiert wird - allgemeinhin als eines der größten Universal-Genies aller Zeiten. Gaudí wirkte zur Wende des 19. und 20. Jahrhundert in der sogenannten "Modernista"-Kunstepoche.
Nun, ob er zu einem anderen Zeitpunkt als farbenfroher Spinner verlacht oder ob er jederzeit als Genie betrachtet worden wäre kann ich mit meinem bezüglich bildender Künste bzw. Architektur nicht vorhandenen Wissen leider nicht einschätzen. Fakt ist jedoch eins - er macht alles anders. Seine "Werke" (darunter befinden sich einige Wohnhäuser, ein Park und sogar eine monumentale Kirche) sind so wunderbar erfrischend unkonventiell, farbenfroh und märchenhaft, dass man wahrhaftig das Gefühl hat, man befände sich auf einem weit von der Erde entfernten Ort, beispielsweise in einem Roman von Michael Ende. Das wohl auffälligste ist, dass Gaudí gerade Linien ebenso meidet wie viele Erasmus-Studenten die Vorlesungen. Ebenso bindet er wahnsinnig viele Dinge aus Fora und Flauna in seinen Gebäuden ein. Die Natur wird von ihm selbst auch als seine Haupt-Inspirationsquelle bezeichnet. Das ist nicht zu übersehen.
Selbst Gaudís Kirche - die als Sagrada Familia das bekannteste Wahrzeichen Barcelonas ist - beinhaltet alle diese Charakteristika. Ich muss mir heute selbst eingestehen, dass ich noch nie von einer Kirche wirklich beeindruckt war. Die Sagrada Familia jedoch hat mir mehr als einen Laut des Erstaunens entlockt. Absolut faszinierend!



Barcelona ist wahnsinnig teuer. Selbst inkl. der Inanspruchnahme von Studentenrabatten haben wir an drei Besuchstagen pro Person etwa 50€ an Eintritten ausgegeben. Würde Gaudí heute noch leben und mit 10% an den Einnahmen beteiligt werden, so wäre er sicherlich einer der absolut reichsten Männer Spaniens. Schön ist die Aussage der (vielfach privaten) Besitzer der Gaudí-Gebäude: "Wir werden *schluchz* leider nicht durch Subventionen der Regierung unterstützt. Wir danken Ihnen vielmals, dass Sie mit Ihrem Besuch dazu beitragen, dass Gaudís Geschenke an die Menschheit erhalten bleiben können."
Dass von den 15€ Eintritt angesichts der Tausenden Besucher wohl kaum mehr als 1€ in die Instandhaltung und die Bezahlung der übersichtlichen Anzahl des Personals gehen, wird nicht erwähnt. Ich möchte eine Ergänzung machen: "Wir danken Ihnen vielmals, dass [...] beitragen, dass die luxuriösen Geschenke an meine Gattin und meine nimmersatten Kinder weiterhin gemacht werden können."

Für mehr Ehrlichkeit im Kapitalismus!

Noch eine Bemerkung: Warum sollte man von einem Konzerthaus wie dem Palau Museum de la Música Catalana keine Bilder machen dürfen? Weil es sich in "privater Hand" befindet und sämtliche Bilder privates Eigentum sind! Ob das zukünftig auf meine Erinnerungen ausgeweitet wird und ich nach dem Besuch des Opernhauses "geblitzdingst" werde?
Glücklicherweise bin ich ein skrupelloser Rüpel, der heimlich doch ganz viele Aufnahmen gemacht hat. Womit ich übrigens nicht allein auf weiter Flur war. Ein sympathischer älterer Herr mit grauen Haaren hat es mir gleichgetan und hat nach jeder Raum-Besichtigung noch lange im Selbigen verweilt, bis die gute Reiseführerin entschwunden war.

...dieses Bild gehört den Besitzern des Palau Konzertsaales, auch wenn ich der Fotograf bin. Ich habe es mir nur kurz ausgeliehen...


Empfehlen kann ich trotz der gepfefferten Preise einen Besuch von Barcelona allemal, allein schon wegen der einzigartigen Gebäude. Vergleichbar ist das Ganze nur mit Hundertwasser-Werken. Die Stadt zieht einem aber auch sonst das Geld aus der Tasche - in der Form von Diebstählen (immerhin ist Barcelona die Stadt Nummer 1 in Europa für "robberies"), Club-Eintritten von 20€ aufwärts und wahnsinnig teuren Tapas.

Tapas? Habe ich die schon einmal erwähnt? Ich gehe davon aus - es handelt sich um die berühmten Mini-Portionen, die die Spanier typischerweise in Restaurants bestellen. In Sevilla kostet so ein Tapa zwischen 1,80€ und üblicherweise nicht vielmehr als 2,50€. Daher bestellt man sich zwei, drei oder vier dieser oftmals vorzüglichen Kreationen und isst mehrere Köstlichkeiten auf einmal. Dazu ein kleines Bier für 1€ bis 1,20€ - fertig ist ein für die meisten bezahlbares Abendessen. (Wer mich kennt, kann sich meine Vorgehensweise vorstellen: vor dem Tapas-Essen nehme ich meistens zu Hause schon so viel zu mir, dass mir dann ein Tapa ausreicht. Für mich sind Tapas eher so etwas wie eine warme Nachspeise. Wenn ich mich hungrig mit Mini-Portionen herumschlagen müsste, würden sich die Tellerchen an meinem Tisch wohl so hoch stapeln, dass mein Gesicht nach der Hälfte meiner Tapas bereits hinter einer weißen Wand verschwinden würde).
Diese "Portiönchen" gibt es in Barcelona auch. Nur, dass einem bei einem Preis von 5€ der Appetit auf mehrere verschiedene Sachen vergeht. Auch von einem 1€-Bier kann man in Barcelona nur träumen.


Ein kleiner Tipp für Stadt-Reisende: in Barcelona gibt es - wie in fast jeder anderen großen europäischen Stadt - "free walking tours". Diese meist mit außerordentlich sympathischen und wahnsinnig kompetenten Reiseleitern bestückten Stadtführungen sind eine absolute win-win-situation. Man bezahlt am Ende in Form von Trinkgeldern so viel wie man gerne bezahlen möchte. Angesichts der Menge an roten und blauen Scheinen, die am Ende der Tour in die Hand des Reiseleiters wandern, sollte ich vielleicht noch einmal meinen Berufswunsch überdenken. Es scheint sich zu lohnen!


"Johnny - la gente está loca". Dieser (musikalisch seltsame) Song beschreibt das Nachtleben in Barcelona. Laut der Aussage der hiesigen Austauschstudenten soll das auch wirklich der Fall sein. Im Sommer tanzend auf das Strandareal des Clubs gehen, wo einem von zwielichtigen Gestalten Tortillas verkauft werden um dann wieder zurück in den 2-, 3- oder 4-Floor-Club zurückzugehen: das klingt wunderbar. Schon vor dem Club-Besuch die Flasche mit Alkohol im Strand verbuddeln, um sich kostengünstig erfrischen zu können: sehr studentisch. Und in der Tat - die Räumlichkeiten waren jeweils recht schick. Leider hat das grausige Wetter (durchgängiger Regen für die gesamte Zeit) dazu geführt, dass wir alle mit nassen Schuhen im Club angekommen sind. Das ganze Rumgerenne in der Stadt (mind. 8 Stunden waren wir jeden Tag unterwegs) hat dann auch dazu geführt, dass wir die Aussage des ersten Satzes dieses Absatzes weder bestätigen noch widerlegen können. Fakt ist, dass eindeutig viel zu wenig Spanier zugegen waren.


Im Übrigen werde ich von nun an versuchen, ein paar mehr Bilder unterzubringen. Dem einen oder anderen könnte das bei der Lektüre dieser Zeilen schon aufgefallen sein. Mein Image-Counter ist immerhin bei 1300. Das schaffte meine italienische Reise-Begleiterin in Barcelona zwar fast in 3 Tagen, aber für mich ist es schon ein Wunder, dass ich überhaupt Fotos "schieße" (wo kommt eigentlich diese komische Redewendung her?).



Gaudi-Park


Gaudi-Park - Eingang

Wandgemälde in Barcelonas Kathedrale
Die Sagrada Familia droht von einem hungrigen Wesen verschluckt zu werden
Casa Batlló
Rückfassade der Sagrada Familia

Ausblick von dem oberen Teil der Sagrada Familia über Barcelona



Ansonsten bleibt mir nur noch eins zu sagen: Nutzt die Möglichkeit zu reisen! Es gibt so viel zu sehen!

Bis bald,
Marcus

2 Kommentare:

  1. Cooler artikel, Marcus! Hat mir echt gefallen :)War auch schon dort, und hab mich gefreut zu lesen, dass es dir als (halb-)spanier ähnlich ging :) Hab mit jule ende august ähnliche erfahrungen gemacht...vor allem die preise haben mich echt angekotzt. Waren deshalb auch nicht in einem der überteuerten (<15 euro) touri-attraktionen drin. Eigentlich sehen die Gebäude doch von außen auch schon imposant genug aus, oder? :) Welches Gebäude hat dir von innen her am besten gefallen? Nur damit ich weiß, was ich mir bei meinem nächsten besuch vielleicht doch nochmal anschauen sollte?

    Hab aber nicht verstanden, was die spanischen Clubgänger so "loca" aussehen lässt, also inwiefern sie sich von uns unterscheiden? Bloß weil sie nen strand haben und die Vorzüge echt sinnvoll nutzen? Hatte noch nie von dem Trick mit dem Verbuddeln des Alks im Sand gehört, aber das ist ja wohl echt cool...aber eigentlich doch alles andere als unnormal oder verrückt...halt bloß ne günstige alternative zu dem nur wieder überteuerten clubs und den behinderten getränkepreisen^^ in welchem club warst du denn?

    liebe grüße aus berlin
    Arvid :)

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  2. Arvid in Budapest grüßt aus Berlin? Da steht die Welt aber auf dem Kopf :D

    Casa Batllo ist ein Wohnhaus. Im Eintrittspreis (14,50€) ist ein Audioguide mit inbegriffen. Das Wohnhaus ist schon wahnsinnig faszinierend, weil es in vielen Dingen komplett dem entgegensteht, was man sonst von Wohnhäusern kennt.

    Die Sagrada Familia ist von innen unglaublich beeindruckend, weil man mit einer Kirche niemals einen so...märchenhaften Stil verbindet. Sollte man - denke ich - gesehen haben. Eintrittspreis dort war 10,50€.

    Überteuert sind die Gebäude natürlich dennoch.

    Ich glaube, die "Verrücktheit" des Nachtlebens besteht ganz einfach darin, dass es viele große Clubs gibt, von denen sich viele in einem einzigen Areal befinden. Daher kann man - bei entsprechendem Kleingeld - getrost von einer Einrichtung zur nächsten ziehen, da die Musikstile schon recht unterschiedlich sein sollen. Eine richtige "Ballung" von Diskotheken gibt es ja in Berlin eigentlich nicht. Bei uns sind die über die ganze Stadt verstreut.

    Auf der anderen Seite würde ich auf die "loca"-Einschätzung als Berliner eh nicht so viel geben :D Jeder Erdenbürger, mit dem ich mich hier unterhalten habe - sei es Erasmus-Student oder Einheimischer - war von Berlin absolut restlos begeistert. Sprich: uns kann eh nichts schocken ;)

    Ich grüße dann mal aus Sevilla
    Marcus

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