Dienstag, 21. August 2012

Ouro Preto

28.07.-30.07.

Die Fahrt von der "Chapada Diamantina" war ein ganz schöner Akt. Ich nahm den Bus morgens um 7.30 Uhr und kam am übernachsten(!) Morgen in Ouro Preto an, wo mein Freund Alexandre auf mich wartete. Der Grund hierfür war hauptsächlich, dass der für eine 23-Stunden-Busfahrt angesetzte Bus knapp 6 Stunden zu spät kam und ich unvorbereitet in der Stadt Belo Horizonte übernachten musste (was ursprünglich nicht mein Plan gewesen war).

Dadurch kam ich in den Genuss eines abgefuckten billigen Bahnhofs-Hotels, bei dem ich mein eigenes kleines Winzigzimmer hatte; fast schon ein Luxus, wenn man bedenkt, dass ich ansonsten ausschließlich in Mehrbettzimmern schlafe. Selbst unschöne Hostels haben irgendwie einen eigenen Charme...abgefuckte Billig-Übergangshotels am Busbahnhof haben das nicht.


In Ouro Preto, der nächsten Stadt, bin ich dann aber ganz normal studentisch untergekommen, so wie es sich auf einer solchen Reise gehört. Alexandre kannte ich aus meiner Zeit in Sevilla und er hatte mich in seine Heimatstadt eingeladen. Ouro Preto ist für seine Goldrausch-Zeit bekannt. Nicht nur im wilden Westen hieben sich Menschen gegenseitig Steine auf den Kopp um an die kleinen glitzernden Steinchen des anderen zu kommen. Auch in dem (im heutigen Bundesstaat Minas Gerais gelegenen) historischen Gebiet flippten die Portugiesen aus und strömten wie Ameisen zu einem auf den Boden gefallenen Donut. Mitte des 18. Jahrhunderts bauten sie jährlich eine zweistellige Anzahl an Tonnen Gold ab, was eine erstaunliche Menge für eine einzelne Region war.
Aus den Erträgen konnte eine weltweit bekannte barocke Altstadt gebaut werden, die eine Vielzahl von kunstvollen Gotteshäusern beinhaltet. Das wurde von der UNESCO recht bald anerkannt. Sie machte Ouro Preto im Jahre 1980 zum ersten Weltkulturerbe in Brasilien. Seitdem pilgern viele Menschen in diese Stadt und machen sie laut Lonely Planet zur drittmeistbesuchten Attraktion ganz Brasiliens.

Meine Meinung zur Stadt? Ja, sie ist sehr schön. Ja, sie ist die erste und einzige wirklich gut erhaltene, charmante und hübsche Stadt, die ich in Brasilien zu Sicht bekommen habe. Keine Frage. Aber im Vergleich zu vielen europäischen Städten spielt Ouro Preto nur im oberen Mittelfeld mit. Um das ein für alle Mal klar zu stellen: Man kommt nicht wegen einer Städtetour nach Brasilien, sondern wegen dem Leben, der Leute und der Landschaften.
Trotz meiner Miesepeterei muss ich sagen, dass die Stadt einen Besuch wert ist, wenn man sich gerade in der Nähe befindet. Als alte Goldgräberstadt befindet sie sich mitten in den Bergen und ist dadurch geographisch schön gelegen.


Panorama-Blick (credits to Google Images)



Ich bin also studentisch untergekommen. Und zwar ist Ouro Preto im Laufe der Jahre eine recht gemütliche Studentenstadt geworden. In der Tradition der Minenzeit, werden hier hauptsächlich Ingenieure ausgebildet. Diese sind fast alle in sogenannten "Republicas" untergebracht. Hierbei handelt es sich schlicht um relativ große Wohngemeinschaften von etwa 8 Personen.
In Brasilien werden schon seit über drei Monaten sämtliche vom Bundeshaushalt unterstützten Unis bestreikt. Die Lehrenden fordern zu Recht mehr Lohn, aber die Regierung lenkt nur langsam ein (brasilianische Gemütlichkeit eben). Da aus eben jenem Grunde die Mehrheit der Studenten im Lande unfreiwillig Ferien hat, waren einige der Zimmer in der Republica frei und ich konnte mich gemütlich einrichten.

In der Zeit konnte ich mein Portugiesisch weit voranbringen. Wir hatten einen gemütlichen Tag an einem Wasserfall, besuchten die Stadt, ein Museum und gingen abends in eine typische brasilianische Bar - alles mit ausnahmslos Brasilianern. Hilfreicherweise waren neben Alexandre dabei jedoch auch noch zwei andere Freunde aus Sevilla anwesend (Lucio und Mariana), sodass die Kommunikation recht reibungslos funktionierte. Das absolute Highlight war jedoch ein Abend mit Alexandres Familie, bei der wir mit der über 80-Jährigen Oma ... BINGO spielten. Zur Freude aller sagte ich nach einer Weile fleißig die Zahlen zwischen 1 und 100 an, die aus der Bingo-Kugel ausgespuckt wurden. Welch ein Spaß!

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